1. Ein kurzer Rückblick
Dunkelheit umfing ihn. Sein Körper schmerzte.
Seine Lunge brannte. Harry spürte die Anwesenheit von fünf Personen.
Frauen, nein, Hexen. Schwarze Hexen.
Sie wollten ihn, um ihn zu opfern. Er wusste nicht, wo er war.
Eine der Türen war verhext gewesen. Sie hatte das Wassersymbol gezeigt, doch er war in die Dunkelheit gefallen.
Was willst du von meinem Sohn? Du Kreatur des Lichts. Ich werde dich lehren, dich mir nie wieder zu widersetzen. Crucio!, schrie sie.
Ein nie gekannter Schmerz raste durch seinen Körper. Jede Faser schmerzte.
Da war das Gesicht, es half ihm. Harry, halte durch, glaube an dich und das Licht!, sagte Ginny.
Der Traum war zu Ende, und Harry war aufgewacht.
Wie schon so oft in den letzten zwei Jahren war er auf diese Weise aufgewacht. Völlig verschwitzt.
Lange schon war die Angst, die er anfänglich empfunden hatte, der Gewissheit gewichen.
Er konnte den Angriff abwehren.
Er wollte duschen. Harry stand auf, machte einen Schritt und stieß mit dem Zeh an einen Stuhl.
Mach doch Licht!, sagte Ginnys Stimme, und eine Kerze flammte auf.
Harry erinnerte sich.
Er war in Ginnys neuem Zimmer.
Seit sie Stammspielerin bei den Holyhead Harpies war, stand ihr ein eigenes großes Zimmer mit Bad zur Verfügung.
Am Trainingsstadion und auch sonst. Freunde oder Ehemänner durften, außer bei Auswahlspielen, mitkommen.
Als die Mannschaft von Gwenog Jones die irischen Kenmare Kestrels gestern spielerisch im Boden versenkt hatte, war Harry dabei gewesen.
Als Mr. Mark Black, der auf persönliche Einladung von Ginny Weasley in der VIP-Loge gesessen hatte, konnte er das spannende Spiel verfolgen,
und sogar sein Sitznachbar, Prof. Slughorn, der von Gwenog Jones persönlich eingeladen worden war, ahnte nicht, wer da neben ihm gesessen hatte.
Nach dem Spiel und dem schon fast obligatorischen Besuch im Slug-Klub war Ginny mit ihrem neuen Verehrer, Mark Black, gegangen.
Die beiden waren übereinander hergefallen und selig eingeschlafen. Die gemeinsamen Nächte waren immer noch selten.
Er duschte und fühlte sich frisch. Als er zurückkam, saß Ginny auf dem Bett.
Das Nachthemd war ein Hauch von Nichts. Ginny hatte ihre Arme um die Knie geschlungen.
Du hattest wieder diesen Traum?, stellte sie fest. Harry nickte. Ginny kannte ihn genau.
Ich weiß, du bestehst durch diese speziellen Techniken und einen Anker, der ich bin. Warum hast du noch Angst?, fragte Ginny.
Angst habe ich nicht. Severus und auch Albus sind der Meinung, dass ich den Kampf will und der Traum erst nach dem Test in der Realität aufhört., antwortete Harry.
Es war gegen fünf Uhr morgens.
Lass uns zum Grimmauldplatz verschwinden und uns von Kreacher kulinarisch verwöhnen. Da können wir auch weiter reden!, sagte Ginny und wollte zum Kamin gehen.
Harry stand auf.
Er zog einen kleinen, metallisch schimmernden blauen Beutel heraus. Neugierig betrachtete ihn Ginny.
Harry zog Ginny an sich und ließ ein blaues Pulver fallen. Eine leuchtend rote Feuersäule entstand.
Grimmauldplatz 12 bitte!, und das Feuer umfing beide.
Schon fiel die Säule in sich zusammen und sie standen im Haus.
Der Meister ist wieder da, und die Herrin auch. Darf Kreacher ein Frühstück anrichten?, fragte der Elf.
Ja, ich habe deine Kochkünste vermisst, Kreacher. Vier Wochen Trainingslager sind lang!,
antwortete Ginny, und freudig erregt wuselte der Hauself in die Küche.
Ihr habt die richtige Rezeptur gefunden!, bemerkte Ginny.
Harry, der stolz darauf war, nickte.
Hat ja auch lange genug gedauert. Sev ist ein phänomenaler Lehrer, und Mum unterstützt ihn, ärgert ihn und manipuliert ihn manchmal.
Ja, das blaue Flohpulver funktioniert so ähnlich wie das Zeitreisen, sagte Harry mit einer schwärmerisch verträumten Stimme.
Im Esszimmer hatte Kreacher eine für ihn kleine Auswahl an Leckereien gezaubert.
Ginny betrachtete Harry im Licht der Kerzen.
Sie hatten sich zwei Wochen nicht gesehen, doch Harry schien immens gereift. In seinen grünen Augen konnte man sich verlieren.
Er hatte schon viel gesehen und auch mitgemacht.
Jetzt aber konnten sie einen durchleuchten, wie einst die blauen Augen von Albus Dumbledore.
Während die beiden frühstückten, drehte sich das Gespräch immer mehr um den Zeitpunkt, Harry wieder in der Öffentlichkeit auftauchen zu lassen.
Dieses Versteckspiel ist ja ganz unterhaltsam. Harry, ich finde, du musst deinen Namen und dich wieder integrieren und reinwaschen.
Dieses Geschwafel, der Krieg, die Rechtsbeugungen, die Verwirrungen im Gamot. Du und der Orden könnten den Kampf aufnehmen!, sagte Ginny leidenschaftlich.
Harry musste lachen. Wie er diese hitzige und unbeugsame Frau liebte!
Es ist noch nicht ganz an der Zeit, Vlad den Kampf anzusagen. Der Zeitpunkt rückt näher.
Gestern früh hat sich Karl bei mir gemeldet. Er hat mein Buch gelesen. Er will es als Lehrbuch für die UTZ-Klassen haben., sagte Harry.
Wenn du es veröffentlichst, wird schnell klar, wer Mark Black ist. Die letzten zwei Wochen waren auf der Burg ja fast zwei Jahre für dich. Bist du am Ende der Ausbildung angelangt?, fragte Ginny.
Harry erwiderte den Blick.
Das, was mir meine Lehrer an Grundlagen beibringen konnten, ja.
Wir werden die geheime Kammer hier öffnen und alles in die Burg des Lichtes bringen.
Hermine war ein paar Mal in der Burg. Sie ist unglaublich weit in Recht und anderen Bereichen. Sie wird mal die jüngste Zaubereiministerin werden.
Ginny verstand, dass es Harry ernst damit war.
Da kam Kreacher.
Meister, im magischen Briefkasten war der Tagesprophet, bitte sehr.
Harry bedankte sich.
Die Ordensmitglieder hatten ein Briefkastensystem entwickelt, nach dem Vorbild der Verschwindekabinette.
So konnte keine Eule verfolgt werden, und es ging alles viel schneller.
Ginny nahm die Zeitung heraus.
Das kann doch nicht wahr sein! Die haben Umbridge vorzeitig, wegen guter Führung, entlassen und wieder im Ministerium angestellt.
Obwohl einige Zaubergamotmitglieder dagegen waren, sagte sie empört.
Bring deinem Vater die neuen Reflexions- und Bremszauber bei. Ich denke, er wird sich mit seiner Meinung eventuell Ärger zuziehen.
Bei ihm rechnet, glaube ich, keiner damit, dass er sie kann., sagte Harry.
Ich weiß nicht. Dad stellt sich bei mir immer kompliziert an, wenn ich ihm so was beibringe.
Als ich ihm erklärt habe, wozu das Getriebe in Autos da ist, hat er mich angeschaut, als wollte ich mit einem fliegenden Teppich zum Mond!
Dir glaubt er fast alles. Er hat mir letztens erzählt, wie er in der Burg damals immer zugeschaut hat, wie du etwas erklärst und es dann geübt., erzählte sie Harry.
Okay, das mache ich, und bei der Gelegenheit schau ich bei deiner Mum vorbei.
Übrigens hatte ich letztens das Gefühl, dass Ron und George etwas wissen oder ahnen. Hermine hat mich schon gefragt. Hat sich deine Mum verplappert?, fragte Harry.
Ginny schüttelte den Kopf.
Das einzige, was mir einfällt, ist der Plappertrank, den sie gerade testen., antwortete Ginny nachdenklich.
Ich muss mir diesen Trank mal anschauen, dachte Harry.
George und Ron hatten mit Harry viele Ideen umgesetzt. Vor allen die Black-Serie des Ladens lief hervorragend.
Viele einfache Schutzzauber und Kleidungsstücke enthielt das seriöse Sortiment der beiden Brüder mittlerweile.
Die Geschwister staunten immer sehr, wie Harry durch einfache Zutatenveränderungen die gewünschte Wirkung erzielte.
Die Ausbildung durch den Halbblutprinzen und seine Mutter, auch in der experimentellen Zauberei, trug Früchte.
Also, du gehst zurück. Wir sehen uns heute Mittag im Fuchsbau!, sagte Harry.
Sehr wohl, Mr. Black!, grinste ihn Ginny an.
Beide prusteten los vor Lachen. Harry ging hinunter in den Weinkeller.
Für einen Beobachter sah es so aus, als wäre er blind, denn Harry tastete sich an der Wand entlang.
Er flüsterte Beschwörungsformeln.
Dann - endlich ein Echo.
Harry bezweifelte, dass Sirius' Vater dieses Archiv angelegt hatte. Sehr tief und alt war das Wissen.
Einen solch großen Raum so zu verstecken ist eine großartige Leistung.
Harry drückte mit der Hand an eine Stelle und sagte in einer Sprache, die sich irgendwie asiatisch anhörte,
Nanchi!
Völlig geräuschlos wurde der Eingang freigegeben. Etwas muffige, trockene Luft, schlug Harry entgegen. Er nahm den Deluminator, den er sich von Ron geliehen hatte.
Er ließ zwei Lichtkugeln frei, die nun im Raum schwebten.
Es war, wie Albus und Sirius vermutet hatten. Die Ahnen wachten im Keller. Geblendet vom Licht versuchten die Porträts etwas zu erkennen.
Wer wagt es, den geheimen Raum der Blacks zu betreten?, keifte ein Stimme.
Wenn ich ihn betrete, bedeutet das ja, dass ich das Geheimnis kenne, also ist er nicht geheim. Außerdem bin ich selbst ein Black. Mark Black!, sagte Harry in der Kunstgestalt Mark Blacks.
Es herrschte verblüfftes Schweigen. Harry hatte mit Sirius diese Gestalt erfunden und es war die Idee von Sirius gewesen, Harry, also Mark, als den Cousin von Sirius auszugeben.
Die Gemälde, so hatte Harry herausgefunden, gaben weitere geheime Räume frei.
Grimmauldplatz 12 wurde immer größer.
Harry packte alles in verschiedene Kisten. Mittels des speziellen Flohpulvers wurden etliche Kisten direkt in die Burg des Lichts geschickt.
Die Gemälde, die über den Zugängen hingen, beobachteten alles. Die Bücher, die Harry zu finden gehofft hatte, waren noch nicht dabei. Auf dem Bilderrahmen standen Wörter.
Du wärst der Erste der es schaffen würde!, sagte das Abbild einer Frau, die Ähnlichkeit mit Bellatrix hatte.
Wie lange mühen sich denn die Leute schon damit?, fragte Harry. Er hatte den abfälligen, arroganten Ton von Severus imitiert.
Ich hänge hier erst seit 1847. Seitdem hat es niemand geschafft! Willst du das Rätsel hören?, fragte die Frau.
Harry nickte zur Antwort.
Die Frau stimmte einen Singsang an, der Harry an etwas erinnerte. Er musste an seinen Trip mit Neville nach Australien denken. Sie hatten in einer Höhle einen uralten Zauberer
kennen gelernt. Kaum hatte Harry daran gedacht, konnte er den Singsang verstehen.
Hier brauchst du nicht suchen, es reicht bereits zu rufen.
Nicht alles hier ist wirklich gleich, auch wenn es sich manchmal gleicht.
Du kannst jetzt gehen, dann wirst du es ja sehen.
Der Singsang verstummte. Ja, mit ein bisschen Logik hatten die meisten Zauberer ein Problem.
Hermine hatte das in seinem ersten Hogwartsjahr gesagt. Harry schaute sich um. Gegenüber von dem Porträt hing ein Spiegel. Wenn er sich umdrehte, sah er im Spiegel das Gemälde.
Da hatte die Dame eine Waage. Auf der einen Seite ein riesiger Sack. Am Boden lag eine einzelne Feder.
Daneben verschiedenste Gewichte und Früchte. Harry entdeckte einen weiteren Sack, der war voller Federn und daneben noch einen.
In einem waren goldene Federn. Da bemerkte Harry, der Sack stand gar nicht auf der Waage. Da hatte jemand ganz geschickt gezeichnet. Da war nur ein Gewicht darauf, auf dem stand. -1Pound-
Neben der Waage sah Harry vier Gewichte. 10, 5, 2, 1 Unze .
Mit dem Aufrufezauber dirigierte Harry die 10-, 5- und 1-Unze-Gewichte auf die Waage im Bild - und siehe da, das Gemälde klappte zur Seite.
In dem Raum hinter dem Porträt standen nur zwei Bücher.
Ein kleines schwarzes, eher ein Notizbuch, und eine richtig dicke Schwarte. Auf einem rötlichen Untergrund stand auf diesem, in einer schwarz glänzenden Schrift:
- Die hohe Kunst der schwarzen Magie - von Black Devil
Bevor er die Bücher in die Hand nahm, vergewisserte er sich, dass keine Flüche oder Zauberbanne darauf lagen.
Nichts ergab ein Echo.
Harry öffnete das Notizbuch. In diesem Buch standen viele Seiten voller Schriftzeichen.
Sie sahen alt aus, nicht unbedingt typisch asiatisch. Harry überlegte.
Wenn er nur wüsste, welche Sprache das war. Er würde Hermine fragen müssen.
Er verpackte die beiden Bücher separat und schickte sie zu Albus Dumbledore.
Nachdem er sich umgeschaut hatte und nichts weiter sah, drehte er sich in Richtung Ausgang.
Er sah etwas blitzen. Harry wich aus und sah ein kleines schwarzes Objekt dem Ausgang
zuschweben. Harrys gestreuter Erstarrungszauber traf voll. Er zauberte ein Glas auf den Tisch und hexte es bruchsicher. Dann kam diese gepanzerte Wespe in das Glas.
Harry schraubte es zu. So ein Vieh hatte er noch nie gesehen.
Harry ließ die beiden Lichtquellen in den Deluminator zurückschweben und stattete den Weasley-Brüdern einen Besuch ab. Er veränderte sein Aussehen.
Verity, die Harry nicht erkannte und nun als Kunden behandelte, sagte: Was kann ich für Sie tun?
Mr. Ron Weasley bitte!, antwortete Harry.
Die beiden Chefs sind im Büro.
Harry nahm die Treppe in die Wohnung von George, das Büro.
Die beiden saßen am Tisch, und Angelina musste etwas testen.
Guten Morgen, Harry!, sagte Angelina.
Guten Morgen., sagte Harry zu ihr und begrüßte dann auch die beiden Rotschöpfe am Tisch.
Wie laufen die Geschäfte?, fragte Harry und nahm den angebotenen Tee.
Später, als die drei Männer allein waren, sagte Harry:
Gib mir mal den Plappertrank. Hermine sagte, da stimmt was nicht.
Mir hat sie nichts gesagt., klagte Ron.
Manche erzählen Geschichten, andere machen sich wichtig. Na ja, Mum meint, du wärst noch mit Ginny zusammen., dabei schaute George lauernd zu Harry.